Olympiasieger trotz Diabetes: Matthias Steiner

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27. Februar 2019
Olympiasieger trotz Diabetes: Matthias Steiner

Diabetes Typ 1 lautete die Diagnose. Damals war der Sportler 17. Mittlerweile kann er gut mit der Krankheit leben. „Ich will anderen Mut machen“, sagt Steiner.

Es war einen Tag vor seinem 18. Geburtstag, als Matthias Steiner die Diagnose bekam: Diabetes Typ 1. Die Mediziner rieten ihm dringend, seine Karriere als Gewichtheber zu beenden. „Dickköpfig wie ich bin, wollte ich mich aber keineswegs damit abfinden“, erzählt er. Noch im Krankenhaus probiert er aus, wie sein Körper auf Sport reagiert. Er setzt sich auf einen Hometrainer, weil er es im Bett nicht mehr aushält. „Nach einer Stunde war mein Kreislauf angenehm in Schwung“, berichtet er. „Und beim Messen hatte ich einen besseren Wert als vorher.“ Für Matthias Steiner der erste Schritt in ein Leben als erfolgreicher Leistungssportler mit Diabetes: 2008 gewann er die Goldmedaille bei den Olympischen Spielen in Peking und 2010 wurde er dann Weltmeister im Superschwergewicht.

Wie entsteht Diabetes?

Sobald wir Kohlenhydrate oder Zucker essen, steigt der Zuckeranteil im Blut an. Die Bauchspeicheldrüse reagiert darauf, schüttet Insulin aus. Dieser Botenstoff ist der Schlüssel dafür, dass Zucker in die Zellen gelangen kann. Bei Diabetes-Patienten ist dieser Kreislauf gestört: Die Zellen in der Bauchspeicheldrüse, die für die Insulinproduktion zuständig sind, entzünden sich und sterben schließlich ab. Dadurch lässt die körpereigene Insulinproduktion immer mehr nach und versiegt schließlich ganz. Die Folge: Der Zucker gelangt nicht mehr in die Zellen und fehlt dort als Energielieferant. Der Zuckergehalt im Blut steigt immer weiter an. Die Gründe dafür konnten bis heute nicht gänzlich geklärt werden. Als erwiesen gilt jedoch, dass die Gene eine wichtige Rolle spielen: Die meisten der ca. 300 000 Betroffenen in Deutschland haben eine familiäre Vorbelastung.

Was sind die Symptome?

Betroffene leiden meist unter einem plötzlichen starken Gewichtsverlust. Dieser rührt daher, dass die Zellen den Zucker aus der Nahrung nicht mehr aufnehmen können. Der Körper versucht, die fehlende Energie zu ersetzen, indem er sein Körperfett angreift. Der überschüssige Zucker im Blut wird über den Urin abgegeben. Um den Zucker ausscheiden zu können, arbeiten die Nieren verstärkt – es kommt zu verstärktem Harndrang. Die Folge: Der Körper verliert so viel Flüssigkeit, dass er regelrecht austrocknen kann. Viele Betroffene klagen deshalb über ständigen Durst.

Wie wird behandelt?

Die Patienten müssen ihr Leben lang Insulin zuführen. Wie viel sie brauchen, hängt von ihrer Ernährung, ihren Lebensgewohnheiten und ihrem Stoffwechsel ab. Oft dauert es eine Zeit lang, bis Betroffene die Bedürfnisse ihres Körpers richtig einschätzen können. „Die ersten drei Jahre mit dem Diabetes im Leistungssport waren sehr hart. Ich war immer wieder unterzuckert, weil ich noch nicht wusste, wie mein Körper reagiert“, erinnert sich Matthias Steiner. Kein Wunder: Sport senkt den Blutzuckerspiegel, da kann es schnell zu einer Unterzuckerung kommen. Diabetiker sollten deshalb für den Notfall immer Traubenzucker dabeihaben. Ein regelmäßiger Tagesablauf mit immer denselben Essens- und Trainingszeiten hilft dabei, den Spiegel konstant zu halten, ebenso wie das Messen der Werte mit speziellen Teststreifen. „Die Kontrolle der Werte ist unbedingt notwendig“, so Steiner. Der Grund: Je konstanter der Blutzuckerspiegel, desto höher die Lebenserwartung. Bei einer optimalen Einstellung liegt diese nahezu bei dem Wert für Gesunde.

Wie nimmt der Körper Insulin auf?

Da Insulin ein Eiweiß ist, kann es nicht geschluckt werden, der Magensaft würde es zerstören. Daher wird es in das Unterhautfettgewebe gespritzt – heute mit sogenannten Insulin-Pens: Sie sehen aus wie Stifte, mit ihnen ist das Spritzen sicher und unkompliziert. Die Alternative sind Insulinpumpen, die direkt am Körper getragen werden. Über eine Kanüle werden dann permanent kleine Mengen an das Unterhautfettgewebe abgegeben. Bei Bedarf können die Patienten die Dosis erhöhen. Tipp: Die Kassen zahlen die Insulinpumpe in Einzelfällen. Ein Antrag lohnt sich.

Was ist die Botschaft des Sportlers?

Matthias Steiner hat seine Karriere als Leistungssportler längst beendet, sieht sich aber weiterhin als Diabetes-Botschafter. „Leider gehen immer noch zu viele Betroffene nicht offen damit um“, sagt er. „Ich aber mache meine Krankheit öffentlich, um zu zeigen, dass auch mit Diabetes alles möglich ist.“