Irgendwann ist es bei den meisten Patienten mit Diabetes Typ 2 soweit: sie müssen Insulin spritzen. Genügen anfangs vielleicht noch gesunde Ernährung, Bewegung und Tabletten, lässt sich im Verlauf der Erkrankung der Stoffwechsel häufig nur noch kontrollieren, wenn das Hormon zugeführt wird.
Experten stellen immer wieder fest, dass diese Behandlungsform für Patienten mit Typ-2-Diabetes angstbehaftet ist – nicht nur, weil sie nicht gerne mit Spritzen und Nadeln hantieren. „Viele Betroffene fürchten, dass sie durch eine Insulintherapie zunehmen. Dabei macht das Hormon nicht dick“, erklärt zum Beispiel Dr. Jens Kröger, Vorstandsvorsitzender von DiabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe und niedergelassener Diabetologe (lesen Sie auch: Diabetes Ernährung sollte nicht quälen).
Insulin hilft dabei, Zucker aus dem Blut in die Zellen des Fettgewebes und der Muskulatur zu transportieren. Es macht die Zellwände durchlässig für Zucker und andere Nährstoffe, die unter anderem für den Muskelaufbau zuständig sind. Gleichzeitig verlangsamt es den Zuckeraufbau in der Leber. Insulin gehört zu den anabolen Hormonen, wirkt also körperaufbauend – was jedoch nicht gleich bedeutet, dass es dick macht!
Tatsächlich hat Insulin bei Typ-2-Diabetikern aber auch Auswirkungen auf das Gewicht. Denn bei einer nicht oder schlecht eingestellten Diabetes-Erkrankung schwemmt der Körper über den Urin Zucker aus. Da Diabetes-Patienten unbehandelt mehr Wasserlassen, trinken sie auch mehr, wodurch sie wiederum öfter auf die Toilette müssen … dadurch verschwindet eine bestimmte Kalorienmenge schlicht im Porzellan. Stellt man den Diabetes mittels Insulin ein, bleibt zum einen mehr Wasser im Körper, zum anderen geht dieser „Ausschwemm-Effekt“ verloren. Denn die Kalorien verbleiben nun im Körper beziehungsweise selbiger kann die über die Nahrung aufgenommenen Kalorien besser verwerten. Es ist deshalb normal, dass Diabetiker zwei bis sieben Kilogramm zunehmen, wenn sie anfangen, Insulin zu spritzen – obwohl bzw. gerade weil sie nichts an ihrem Essverhalten geändert haben.
Außerdem kann es passieren, dass der Patient zu viel Insulin spritzt. Dadurch kann eine leichte Unterzuckerung entstehen, die den Appetit anregt. Einige Betroffene essen dann auch mehr als notwendig, um zu verhindern, dass der Blutzucker absackt. Die Folge: Sie führen mehr Kalorien zu, als sie verbrauchen – und nehmen zu.
Vermeiden lässt sich eine (weitere) Gewichtszunahme nur, indem Sie sich entweder bei gleicher Kalorienzufuhr mehr bewegen, also Ihren Verbrauch erhöhen, oder die Kalorienmenge bewusst schon zu Beginn der Insulintherapie anpassen. Dabei kann Ihnen Ihr Arzt oder ein Ernährungsberater helfen.
Außerdem gibt es Hinweise darauf, dass der Wirkstoff Metformin (weitere Infos: Medikamente bei Typ-2-Diabetes) den Effekt des Insulins auf das Körpergewicht reduzieren oder sogar ausschalten kann. Generell sollten Sie mit Ihrem Arzt etwa einmal im Quartal darüber sprechen, wie Sie mit Ihrem Therapieschema zurechtkommen. Es kann einen großen Einfluss auf das Gewicht haben, welches Insulin Sie spritzen, wann und wie oft. So hat es sich beispielsweise in vielen Fällen als günstiger erwiesen, beim Einstieg in die Insulintherapie ein- bis zweimal pro Tag Basisinsulin zu verabreichen und mit Tabletten zu kombinieren (basalunterstützte Insulintherapie, BOT) als nur zu den Mahlzeiten Insulin zu spritzen (supplementäre Insulintherapie, SIT).
Und: Zögern Sie die Insulinbehandlung nicht unnötig hinaus, auch wenn Sie Respekt davor haben. In einer Studie nahmen die Probanden, die über eine Therapie mit Basisinsulin innerhalb eines Jahres ihre Stoffwechsellage sehr verbessert hatten, nur wenig zu. Der Schlüssel dafür, dass sich der Zeiger der Waage nicht bewegt, liegt also im Stoffwechsel. Ist der gut eingestellt, verringert sich außerdem das Risiko für Folgeerkrankungen (Symptome bei Diabetes Typ 2). „Es ist der falsche Weg, wegen einer möglichen Gewichtszunahme auf Insulin zu verzichten“, warnt Experte Kröger. Ausschlaggebend sei, dass man zusammen mit seinem Arzt das jeweils am besten geeignete Mittel beziehungsweise eine Kombination mehrerer Medikamente auswähle.