Diabetes Typ 1 ist eine Autoimmunerkrankung, bei der Betroffene kein oder kaum noch körpereigenes Insulin produzieren. Warum dies passiert, ist wissenschaftlich noch nicht eindeutig geklärt. Häufig tritt diese Form der Zuckerkrankheit schon im Kindes- oder Jugendalter auf. Der Deutschen Diabetes-Hilfe zufolge leben in Deutschland rund 300.000 Menschen mit Diabetes Typ 1, davon sind mehr als 30.000 Kinder und Jugendliche unter 20 Jahren.
Bei diesem Diabetes-Typ greift das Immunsystem die Bauchspeicheldrüse an und zerstört die Zellen, die Insulin produzieren, die sogenannten Beta-Zellen. Mediziner sprechen in diesem Fall von einer „absoluten Insulinresistenz“. Ohne das Hormon Insulin gelangt der Nahrungszucker nicht mehr in die Körperzellen, sondern sammelt sich im Blut. Die Folge: der Blutzuckerspiegel steigt, was gravierende Auswirkungen auf verschiedene Organe, Nerven und Blutgefäße haben kann, wenn keine Gegenmaßnahmen ergriffen werden. An Diabetes Typ 1 erkrankte Menschen müssen deshalb ihr Leben lang Insulin injizieren und ihren Blutzuckerspiegel kontrollieren. Abgesehen davon können sie aber ein ganz normales Leben führen.
Beide Erkrankungen sind zwar unter dem Begriff „Diabetes mellitus“ oder umgangssprachlich auch „Zuckerkrankheit“ zusammengefasst, unterscheiden sich aber sonst grundlegend.
Diabetes Typ 1 …
Experten gehen davon aus, dass die Gene bei der Entstehung von Diabetes Typ 1 eine gewisse Rolle spielen. Statistisch haben zehn bis 15 Prozent der Diabetes-Typ 1-Patienten unter 15 Jahren einen ebenfalls erkrankten Verwandten ersten Grades. Laut aktuellem Stand der Forschung gibt es rund 20 Genveränderungen, die Diabetes Typ 1 verursachen können, allerdings nur, wenn mehrere davon gleichzeitig auftreten. Eine besondere Rolle scheint bei der Entstehung dieser Form der Zuckerkrankheit das sogenannte HLA-System zu haben, das für die Überwachung und Regulierung des Immunsystems verantwortlich ist.
Auch Viren, zum Beispiel die Erreger von Mumps, Röteln oder Masern sollen das Abwehrsystem des Körpers „verwirren“ können, wird vermutet. Forscher aus den USA und Kanada haben außerdem herausgefunden, dass auch geschädigte Nervenzellen in der Bauchspeicheldrüse das Erkrankungsrisiko für einen Diabetes Typ 1 erhöhen können.
Beim Verdacht auf einen Diabetes Typ 1 sollten Sie Ihren Hausarzt aufsuchen. Er wird ein ausführliches Gespräch mit Ihnen führen und danach mittels Urin- und Blutprobe einen Diabetes-Test durchführen. Entscheidend ist für ihn die Zuckerkonzentration im Blut bei einer Diagnose für Diabetes Typ 1. Per Definition liegt ein Diabetes vor, wenn
Anhand dieser Ergebnisse wird der behandelnde Arzt eine entsprechende Therapie vorschlagen.
Zwar ist ein Diabetes Typ 1 aktuell nicht heilbar. Dank moderner Behandlungsmethoden ist das tägliche Leben Betroffener jedoch kaum eingeschränkt. Wenn die Erkrankung frühzeitig festgestellt wird, die Insulingabe gut eingestellt ist und der Blutzuckerspiegel regelmäßig kontrolliert wird, können auch die meisten Komplikationen sowie das Risiko für diabetesbedingte Folgeerkrankungen (Nieren-/Nervenerkrankungen, Diabetes-Fuß, dialektische Netzhaut) abgemildert oder gänzlich verhindert werden.
Diabetiker können die meisten Berufe ausführen und auch Autofahren ist möglich, solange der Blutzuckerspiegel im Soll ist. Frauen, die schon vor der Schwangerschaft einen Diabetes Typ 1 haben und ein Kind bekommen möchten, sollten vorher mit ihrem Frauenarzt sprechen, um die Therapie gegebenenfalls entsprechend anzupassen und die Blutzuckerkontrolle zu verstärken.
Etwas anderes ist dagegen der sogenannte Schwangerschaftsdiabetes, der erst in der Schwangerschaft auftritt und danach meist wieder verschwindet.
Die spürbaren Symptome von Diabetes Typ 1 treten meist abrupt auf. Das heißt aber nicht, dass die Autoimmunkrankheit, die in der Regel schon im Kindes- oder jugendlichen Alter diagnostiziert wird, erst dann auftritt. Er hat vielmehr bis dahin mehr oder weniger still im Körper sein zerstörerisches Werk begonnen.
Akute Diabetes-Anzeichen entstehen nämlich erst dann, wenn schon so viele Insulinzellen abgestorben sind, dass der Blutzuckerspiegel sehr hoch wird. Dann macht sich Diabetes Typ 1 zum Beispiel in Form von großem Durst, trockener Haut und Müdigkeit bemerkbar – oder Betroffene müssen ständig auf die Toilette. Es ist wichtig, diese Diabetes Typ-1-Symptome zu kennen und im Zweifelsfall richtig zu deuten, denn bleibt die Krankheit unbehandelt, kann sie schwere Folgeschäden an Blutbahnen, Nerven und diversen Organen verursachen, zu Bewusstlosigkeit und sogar zum Tod führen.
Ein Arzt sollte sofort aufgesucht werden, wenn Sie bei sich oder Ihrem Kind eines oder mehrere der typischen Symptome für Diabetes Typ 1 feststellen.
Beim Diabetes Typ 1 zerstört das körpereigene Immunsystem die Zellen der Bauchspeicheldrüse, die Insulin produzieren. Da dieses Hormon nun seiner Aufgabe, den Nahrungszucker an die Zellen zu verteilen, nicht mehr nachkommen kann, erhöht sich der Blutzuckerspiegel. Es kommt zu einer Überzuckerung, in der Medizin auch Hyperglykämie genannt. Dadurch können verschiedene Symptome auftreten:
Eine medizinisch auch Hypoglykämie genannte Unterzuckerung tritt auf, wenn der Blutzuckerwert stark abfällt. Das passiert, wenn zuvor die Insulinkonzentration im Blut zu hoch war, zum Beispiel wenn
Eine Unterzuckerung macht sich in Blässe, Schwitzen, Zittrigkeit (weiche Knie), Heißhunger bis hin zu Herzklopfen und Angstgefühlen bemerkbar. Bemerken Sie diese Symptome an sich oder Ihrem Kind, können Traubenzucker oder eine Injektion (Glukogen) helfen, den Blutzuckerspiegel wieder zu erhöhen.
Achtung: Fallen die Blutzuckerwerte ab, bekommt das Gehirn nicht mehr ausreichend Energie. Schon nach vergleichsweise kurzer Zeit kann das Nervensystem dadurch Schäden davontragen. Schwere Unterzuckerung kann zu Bewusstseinsstörungen, Bewusstlosigkeit, Koma und sogar zum Tod führen.
Da bei Diabetes auch der Fettsäurestoffwechsel gestört ist, kann der Säuregrad des Blutes steigen. Wenn es übersäuert (Azidose), kann dies ein diabetisches Koma auslösen. Bei Diabetikern mit Typ 1-Erkrankung nennt man dies auch dialektische Ketoazidose. Sie kann lebensbedrohlich sein! Umso wichtiger ist es, die Anzeichen zu erkennen, zum Beispiel:
Sind die Blutzuckerwerte nicht gut eingestellt oder bleibt der Diabetes Typ 1 unbehandelt, kann dies Auswirkungen auf Nervensystem und Blutgefäße und damit auf verschiedenste Körperpartien und -funktionen haben.
Nerven: sowohl die Nerven, die die Muskeln ansteuern (motorisches Nervensystem), als auch diejenigen, die für das Empfinden (sensibles Nervensystem) und die Organe zuständig sind, können in Mitleidenschaft gezogen werden. Entsprechend haben Betroffene zum Beispiel Probleme, ihre Bewegungen zu koordinieren, oder haben ein verändertes Schmerzempfinden.
Blutgefäße: sind die Blutzuckerwerte zu hoch, steigt das Risiko für „Verkalkungen“ an den Gefäßinnenwänden (Arteriosklerose). Diese Schäden und Engpässe können zu Durchblutungsstörungen bis hin zum Herzinfarkt oder Schlaganfall führen und einige Organe unterversorgt lassen, zum Beispiel:
Werden die Symptome für Diabetes Typ 1 rechtzeitig erkannt und eine entsprechende Therapie aufgenommen, stehen die Chancen jedoch gut, dass diese Nebenerkrankungen nicht oder zumindest nicht sehr ausgeprägt auftreten.
Insulin ist Pflicht bei der Therapie von Diabetes Typ 1. Denn anders als beim Typ 2 werden bei dieser Form der Zuckerkrankheit die Insulin-produzierenden Zellen zerstört. In den vergangenen Jahren hat die Diabetes Typ 1-Therapie sich sehr weiterentwickelt, vor allem technische Hilfsmittel wie Blutzuckermessgeräte sowie Pumpen und Pens zur Insulinverabreichung. Entsprechend ist es einfacher für Betroffene, diese Krankheit zuhause und unterwegs ohne ständige ärztliche Unterstützung zu kontrollieren, sodass ein Leben (fast) ohne Einschränkungen möglich ist.
Als Standard-Behandlung gelten bei Diabetes Typ 1 die sogenannte intensivierte-konventionelle Insulintherapie (kurz: ICT) und die Insulinpumpentherapie. Laut Deutscher Diabetes-Hilfe leben in Deutschland rund 10.000 Kinder und Jugendliche mit einer Insulinpumpe. Mit rund 95 Prozent ist jedoch der Insulin-Pen die häufigste Art der Insulinverabreichung.
Typ 1 Diabetes lässt sich nicht vorbeugen und auch eine Heilung ist nicht möglich. Wohl aber, ihn so in Schach zu halten, dass die Lebensqualität erhalten bleibt. Betroffene mit Diabetes Typ 1 führen ihre Therapie im Alltag meist selbstständig durch. Kindern helfen ihre Eltern oft ein wenig. Was bei der Eigenbehandlung zu beachten ist, lernen die Patienten für gewöhnlich in speziellen Kursen. Eine konventionelle Therapie bei Diabetes Typ 1 setzt sich normalerweise aus drei Bausteinen zusammen:
Dies ist notwendig, um die benötigte Menge an Insulin zu berechnen. Überprüft wird der Blutzuckerspiegel speziell vor den Mahlzeiten, aber auch vor dem Sport, dem Schlafengehen, bei Krankheiten oder wenn erste Anzeichen einer Unterzuckerung (z. B. Zittern, weiche Knie, Blässe) auftreten. Der Blutzuckerwert wird bestimmt, indem Betroffene sich mit einer Lanzette in einen Finger piksen und daraus einen Blutstropfen gewinnen mittels dessen ein spezielles Messgerät den aktuellen Wert ermittelt und anzeigt.
Eine relativ neue Alternative stellt das Flash Glucose Monitoring (FGM) dar. Hierbei tragen die Betroffenen ein Gerät direkt am Körper, das mittels Sensor fortwährend den Zucker im Gewebe misst. Auch beim Continuous Glucose Monitoring (CGM) tragen Diabetiker einen Sensor am Leib, dieser warnt aber selbsttätig, wenn der Blutzucker aus dem gewünschten Bereich gerät. Einige Krankenkassen übernehmen bereits die Kosten.
Weil der Körper bei Diabetikern mit Typ 1 kein eigenes Insulin mehr herstellen kann, muss es von außen zugeführt werden. Das geschieht mittels eines Gerätes, das aussieht wie ein Füllfederhalter und entsprechend „Pen“ heißt, oder mittels einer Insulinpumpe, die am Körper getragen wird und immerzu kleine Insulinmengen abgibt.
Es gibt verschiedene Insuline für unterschiedliche Bedürfnisse, die heute vorzugsweise künstlich hergestellt werden und laut Deutscher Diabetes-Hilfe der Struktur des menschlichen Insulins entsprechen:
Auch Methoden, um das Insulin zu verabreichen, gibt es verschiedene:
Dadurch ist die Insulinpumpentherapie noch genauer und feiner anpassbar als die intensivierte-konventionelle Therapie. Diese Behandlungsform eignet sich auch und besonders, wenn man einen unregelmäßigen Tagesablauf hat, Mahlzeiten und Sport nicht Stunden im voraus planen müssen oder einfach einmal ausschlafen und damit eine Mahlzeit ausfallen lassen möchte. Allerdings erfordert die Insulinpumpentherapie Erfahrung mit der ICT, da ihr die gleichen Regeln zugrunde liegen.
„Diabetiker müssen keinen strengen Diätplan einhalten, aber gesunde Ernährung ist wichtig“, sagt Prof. Dr. Dr. Hans-Georg Joost, Wissenschaftlicher Vorstand des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung (DIfE). Das heißt, Betroffene müssen weder auf irgendein Lebensmittel verzichten – auch nicht auf Zucker – noch sind spezielle Diabetiker-Produkte notwendig. Im Grunde gelten für Diabetiker die gleichen Ernährungsempfehlungen wie für Gesunde, nur dass Erstere Insulintherapie und Mahlzeiten aufeinander abstimmen müssen. Vor allem die Kohlenhydrate müssen sie im Auge behalten, denn sie haben die größte Wirkung auf den Blutzuckerspiegel.
Menschen mit Typ 1-Diabetes können durch die Ernährung zwar keine Verbesserung der Erkrankung erreichen, sie müssen den Kohlenhydratanteil ihres Essens aber berechnen, um zu wissen, wie viel Insulin sie zur Korrektur benötigen. Die in Nahrungsmitteln enthaltenen Kohlenhydrate werden in der Diabetestherapie of mit „Broteinheit (BE)“ oder „Kohlenhydrateinheit (KE)“ angegeben. Eine BE sind zwölf Gramm Kohlenhydrate, eine KE zehn.
Im Gegensatz zu Diabetes Typ 2 kann Sport bei Typ 1-Diabetes die Werte nicht verbessern. Bewegung kann aber dabei helfen, Stress abzubauen und den Alltag besser zu meistern. Außerdem sprechen bei körperlicher Aktivität die Muskeln besser auf Insulin an. Reden Sie vorher mit Ihrem Arzt, um Ihre Therapie entsprechend an die körperliche Bewegung anzupassen.
Nachdem der Arzt die Diagnose Diabetes gestellt hat, kommt der Patient für gewöhnlich ein paar Tage lang ins Krankenhaus, wo festgelegt wird, welche Insuline, Insulinmengen und welche Verabreichungsform sich im individuellen Fall am besten eignet. Auch Therapieziele wie „Blutzuckerwerte im Normbereich halten“, „normales Körpergewicht erreichen oder halten“, „diabetesgerechte Ernährung“ und „Vorbeugung von Folge- und Begleiterkrankungen“ werden festgelegt und bei regelmäßigen Kontrollterminen überprüft.
Manchmal greift der Arzt auch operativ ein. Besonders bei jüngeren Diabetikern mit fortgeschrittener Nierenschwäche wird in seltenen Fällen die Bauchspeicheldrüse transplantiert. Verläuft die Behandlung erfolgreich, können Diabetiker danach weitgehend normal leben, ohne sich Insulin spritzen zu müssen. Allerdings müssen sie lebenslang Medikamente nehmen, die das Immunsystem dämpfen, um zu verhindern, dass der Körper das verpflanzte Organ abstößt.
Grundsätzlich müssen sich Betroffene in der Regel erst einmal an ein Leben gewöhnen, in dem sie sich (Kohlenhydrat)bewusster ernähren und vorausschauender planen müssen. Auch eine Insulinpumpe wird oftmals zunächst als Fremdkörper empfunden. Dennoch erlauben moderne Therapiemethoden ein weitgehend uneingeschränktes Leben, auch mit Diabetes Typ 1.