Diabetes in der Familie – wie kann ich jetzt helfen?

23. Februar 2022
Diabetes in der Familie – wie kann ich jetzt helfen?

Die Diagnose verändert nicht nur das Leben von Menschen mit Diabetes, sondern auch das der Menschen in seinem Umfeld. Erhalten Betroffene soziale Unterstützung, kann das den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen. Worauf kommt es jetzt besonders an?

Tiefgreifende Veränderungen des Lebensstils von Erkrankten und Angehörigen

Experten gehen davon aus, dass mehr als neun Millionen Menschen in Deutschland an Diabetes Typ 2 leiden – davon zwei Millionen, die bislang keine Diagnose erhalten haben und nichts von ihrer Krankheit ahnen. Indirekt sind allerdings noch weitaus mehr Menschen betroffen, denn Diabetes beeinträchtigt in der Regel auch das soziale Umfeld der Betroffenen. Denn die Diagnose ist mit einem stark erhöhten Sterberisiko verbunden, und sie erfordert tiefgreifende Veränderungen des Lebensstils. Betroffene müssen in der Regel ihren Tagesablauf stark an der Krankheit ausrichten, und in vielen Fällen belastet diese auch die zwischenmenschlichen Beziehungen. So erkrankt laut Studien jeder vierte Diabetes-Kranke über kurz oder lang an einer depressiven Störung, die häufig auf das psychische Wohlbefinden zum Beispiel von Ehepartnern oder Kindern beeinträchtigt.

Um diese vielfältigen Folgen der Krankheit so früh wie möglich einzudämmen, zielt eine Diabetes-Therapie deshalb niemals nur darauf ab, den Blutzuckerspiegel des Erkrankten zu senken. Vielmehr nimmt sie den ganzen Menschen und auch sein Umfeld in den Blick. Denn wie gut Betroffene ihr Leiden bewältigen, hängt auch davon ab, wie es den Menschen um ihn herum geht, und ob diese ihn bei der Umstellung seines Lebensstils unterstützen können. Worauf kommt es in dieser Phase besonders an?

Die Entstehung und der Verlauf einer Diabetes-Erkrankung hängen eng mit dem Lebensstil des Betroffenen zusammen. Als wichtigste Risikofaktoren gelten dabei körperliche Inaktivität und ungesunde Ernährung. Studien zeigen: Vor allem in der Frühphase können hier schon kleine Verhaltensänderungen den Verlauf der Krankheit erheblich beeinflussen. Für eine Umstellung des Lebensstils ist viel Disziplin und Durchhaltevermögen nötig. Wie Angehörige nach der Diagnose und im Verlauf helfen können.

Zum Experten werden

Je besser das Umfeld versteht, wie ein Diabetes entsteht und wie er sich bewältigen lässt, desto bessere Chancen hat der Betroffene laut Studien, seinen Blutzucker gut unter Kontrolle zu halten. Deshalb raten Mediziner Ehepartnern und erwachsenen Kindern des Patienten dazu, sich durch Artikel, Bücher oder in Selbsthilfegruppen und Internet-Foren über die Krankheit zu informieren.

Es empfiehlt sich auch, dass sie den zu Routine-Untersuchungen beim Diabetologen begleiten und dort wichtige Informationen notieren. Einige Praxen bieten auch Schulungen speziell für Angehörige von Diabetes-Patienten an. Wenn sich die Angehörigen mit dem Blutzuckermessen und der medikamentösen Therapie auskennen, erhöht dies in der Regel auch die Therapietreue der Erkrankten.

Gemeinsam in Bewegung kommen

Nur wenige Zusammenhänge in der Medizin sind so gut erforscht wie die Wirkung von sportlicher Aktivität auf den Blutzuckerspiegel. Denn Muskelarbeit sorgt gemeinsam mit dem körpereigenen Insulin dafür, dass der Körper den Zucker aus der Nahrung in die Zellen einschleusen kann. Bei mangelnder Bewegung verbleibt diese Glukose dagegen im Blutkreislauf und kann dort auf Dauer Schäden an Gefäßen und Organen verursachen. Zu den häufigsten Diabetes-Folgen zählen Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Betroffene sollten so früh wie möglich nach der Diagnose dafür sorgen, dass Bewegung ein selbstverständlicher Bestandteil ihres Alltags wird. Dabei können Angehörige ganz einfach unterstützen – gedanklich, durch Erinnerung oder, noch besser: durch Mitmachen! Gemeinsam mit dem Erkrankten entscheidet man, welche der Art der Bewegung im Vordergrund stehen soll und verabredet dann feste Termine für die kommenden Wochen. Wichtig ist, dass der Plan zunächst realistische Ziele enthält und dass ausgefallene Treffen sicher nachgeholt werden.

Ab sofort wird gesund gekocht

Das kennen auch kerngesunde Menschen: Der ständig vorrätigen Tüte Chips im Küchenschrank und dem kaltgestellten Bier lässt es sich schwer widerstehen. Dabei sind solche kohlenhydratreichen Snacks und Getränke gefährliche Dickmacher. Und Übergewicht – insbesondere das Bauchfett – gilt als Risikofaktor für Diabetes.

Deshalb schon beim gemeinsamen Wocheneinkauf darauf achten: Im Wagen sollte möglichst viel gesundes Gemüse und zuckerarmes Obst landen. Ballaststoffreiche Beilagen wie Vollkornbrot, -reis und -nudeln am besten mit Eiweiß aus magerem Fleisch, Hülsenfrüchten oder Nüssen kombinieren.

Und grundsätzlich gilt: Jede Ernährungsumstellung gelingt am besten in der Gemeinschaft. Partner, Kinder und Freunde können zum Beispiel nach diabetikerfreundlichen Rezepten suchen, gemeinsam mit dem Betroffenen einkaufen und dann mit ihm kochen. Anschließend wird in großer Runde gegessen.

Krankheiten konsequent behandeln

Auch scheinbar harmlose, altersbedingte Beschwerden wie etwa Arthrose, Schwerhörigkeit oder Blasenschwäche sollten schon deshalb konsequent behandelt werden, weil sie einer aktiven Lebensgestaltung entgegenwirken und damit die Diabetes-Erkrankung befördern können. Ganz besonders gilt dies auch für Depressionen und kognitiven Abbau. Beide erhöhen das Risiko für Diabetes erheblich und werden wiederum durch die Krankheit verstärkt – ein Teufelskreis.

Angehörige können helfen, indem sie Betroffenen auf neu auftretende Symptome aufmerksam machen, sie an Termine zur Früherkennung erinnern (etwa die dreijährliche Gesundheitsuntersuchung ab dem 35. Lebensjahr) und sie bei Bedarf auch dorthin begleiten.

Füreinander da sein

Einsamkeit ist einer der größten Risikofaktoren für diverse Erkrankungen und kann deren Entwicklung erheblich beschleunigen. Dies gilt auch für Diabetes. Denn wer sich häufig allein fühlt, hat meist nicht nur einen unregelmäßigeren Tagesablauf, sondern ist auch verstärkt seelischem Stress ausgesetzt. Dieser führt jedoch bei vielen Menschen zu Übergewicht und kann eine bestehende Diabetes-Erkrankung negativ beeinflussen. Der Grund: Das Stresshormon Kortisol ist ein Gegenspieler des Insulins und bewirkt unter anderem, dass die Leber vermehrt Glukose ausschüttet und der Blutzucker gefährlich ansteigen kann.

Um einem Alleinlebenden aus seiner Einsamkeit herauszuhelfen, können Angehörige sich organisieren, um reihum telefonisch Kontakt zu halten und zum Beispiel Besuche und kleine gemeinsame Unternehmungen zu organisieren. Ideal sind Vorhaben, die zugleich auf körperliche Aktivität setzen – etwa Spaziergänge, Wandertouren oder Kegeln.