Über die Stoffwechselkrankheit Diabetes kursieren noch viele Irrtümer. Gerade für ältere Patienten kann das gefährlich werden.
Ach, das bisschen Zucker, was macht das schon? So ähnlich denken viele ältere Menschen, wenn ihr Arzt ihnen erhöhte Blutzuckerwerte bescheinigt. Doch Mediziner warnen: Diabetes ist alles andere als eine harmlose Begleiterscheinung des Älterwerdens. „Man sollte diese Krankheit unbedingt ernst nehmen“, sagt der Diabetologe und Altersmediziner Dr. Jürgen Wernecke. „Denn unbehandelt kann sie schwere und irreparable Schäden im Körper anrichten.“ Die Annahme, Diabetes sei im Alter weniger Grund zur Sorge als in jungen Jahren, ist aber nur einer von vielen Irrtümern, die über die Krankheit kursieren.
Es fängt schon bei den Symptomen an: Zwar stimmt es, dass die klassischen Anzeichen einer Diabetes-Erkrankung im allgemeinen verstärktes Durstgefühl und Gewichtsverlust sind. „Bei älteren Menschen treten diese Symptome jedoch häufig nicht oder in stark abgeschwächter Form auf“, sagt Dr. Wernecke. Vielmehr leiden sie eher unter Müdigkeit, Konzentrationsschwäche oder Schlafstörungen. „Auch unerklärliche Stürze und Inkontinenz können auf die Erkrankung hindeuten.“ Das Problem: Da nicht nur viele alte Menschen, sondern auch einige Ärzte diese Hinweise auf das Alter schieben, bleibt die Erkrankung bei Senioren häufig länger unerkannt als bei Jüngeren.
Doch im Alter äußert sich Diabetes nicht nur auf andere Weise, sondern auch die Therapie unterscheidet sich von der jüngerer Patienten. Während eine medikamentöse Behandlung bei diesen immer auf einen „normalen“ Blutzuckerwert (HbA1c) zwischen 6,5 und 7,5 Prozent abzielt, weichen Experten von einem starren Richtwert bei Senioren häufig ab. „Insbesondere bei gebrechlichen Menschen reicht es, wenn der Wert nicht über acht Prozent steigt“, so Dr. Jürgen Wernecke. Denn Ärzte müssen zwischen dem Risiko von Folgeschäden auf der einen Seite und einer Unterzuckerung auf der anderen Seite abwägen. Sinken die Blutzuckerwerte nämlich zu stark ab, kann auch das gefährliche Folgen haben: Unfälle, Stürze, Einschränkung der Denkleistung und Herz-Rhythmus-Störungen.
Dr. Wernecke empfiehlt älteren Betroffenen deshalb in der Regel einen Nüchternwert von 120 mg/dl anzustreben. Bei neu auftretenden, unüblichen Beschwerden sollten Diabetes-Kranke zudem immer auch an die Möglichkeit einer Folgeerkrankung denken.