Mal ist er zu hoch, den anderen Moment rutscht er in den Keller – der Blutzuckerspiegel scheint bei Diabetes mitunter eine Berg-und-Tal-Fahrt zu durchleben. Welche überraschenden Auslöser sich dahinter verbergen können – und wie Sie die Werte wieder in Balance bringen
Abends vorm Schlafengehen liegt der Blutzuckerwert noch im grünen Bereich – doch morgens nach dem Aufstehen schießt er plötzlich raketenartig in die Höhe, so als hätte man in der Nacht eine ganze Sahnetorte verdrückt. Dass die Zuckerwerte an manchen Tagen regelrecht Achterbahn fahren und man sich die Hochs und Tiefs gar nicht erklären kann, dieses Phänomen kennen viele Diabetiker. Aber was steckt eigentlich dahinter – und wie lassen sich extreme Ausschläge verhindern?
Leichte Schwankungen des Blutzuckerspiegels sind völlig normal und kommen auch bei Nicht-Diabetikern täglich vor. Bei ihnen sinkt der Blutzucker kaum unter 60 mg/dl (3,3 mmol/l) und steigt nach einer Mahlzeit im Allgemeinen höchstens auf 140 mg/dl (7,8 mmol/l), mitunter auch auf über 160 mg/dl (8,9 mmol/l). Von starken Blutzuckerschwankungen wird gesprochen, wenn die Werte aus diesem normalen Schwankungsbereich herausfallen. Menschen mit Diabetes sind davon leider häufiger betroffen. Allerdings sind die Auslöser für diese Aufs und Abs oft nicht sofort ersichtlich. Mit folgender Checkliste lassen sich die unterschiedlichen Gründe für starke Blutzuckerschwankungen jedoch schnell ausfindig machen.
Anspannung, Überforderung, ständiger Zeitdruck – wer dauerhaft unter Strom steht, erhöht den Cortisol-Spiegel im Körper. Das Stresshormon hemmt die Wirkung von Insulin und stimuliert zugleich die Produktion von Glukose im Körper. Kein Wunder also, dass gestresste Diabetiker oft mit Blutzuckerspitzen zu kämpfen haben. Darum ist es besonders wichtig, in Belastungsphasen öfter als sonst den Blutzuckerspiegel zu messen und sehr genau auf die Signale des Körpers zu achten. Tipp: Entspannungstechniken wie Autogenes Training, progressive Muskelentspannung, Meditation und Yoga helfen, den Stresshormonspiegel im Gleichgewicht zu halten und damit den Langzeit-Blutzucker (HbA1c-Wert) zu optimieren.
Wenn Diabetiker spätabends noch zu viel Steak, Fisch oder Omelett essen, kann am Morgen danach das böse Erwachen folgen. Denn fett- und eiweißreiche Speisen lassen den Blutzucker über Nacht sprunghaft ansteigen. Woran das liegt? Die Nährstoffe Fett und Eiweiß verzögern den Übergang von Kohlenhydraten aus dem Darm ins Blut. Darum kann es bei Mahlzeiten mit einem großen Fett-Protein-Gehalt auch Stunden nach dem Essen noch zu einem Anstieg des Blutzuckerspiegels kommen. Tipp: Gemüse, Vollkornprodukte und Hülsenfrüchte lassen den Blutzuckerspiegel langsamer ansteigen. Der Verzehr dieser Lebensmittel bewirkt, dass sich weniger Insulin im Umlauf befindet und der Blutzuckerspiegel nicht so stark schwankt.
Bier, Wein und Cocktails haben auf den Blutzuckerspiegel gleich zweifach einen negativen Einfluss: Zunächst lassen die Kohlenhydrate in den Getränken den Blutzucker ansteigen. Danach kann der Abbau des Alkohols eine schwere Unterzuckerung zur Folge haben. Denn er hemmt die Fähigkeit der Leber, Glukose zu mobilisieren und in den Blutkreislauf abzugeben. Dies kann zu einer sogenannten Hypoglykämie, also einem zu niedrigen Blutzuckerspiegel führen. Diese gestörte Zuckerfreisetzung beginnt schon ab einem Blutalkoholspiegel von 0,45 Promille. Je mehr Alkohol im Körper ist, desto stärker und länger ist dieser Stoffwechselprozess unterdrückt. Achtung: Bis zu 24 Stunden nach dem Alkoholkonsum können Unterzuckerungen auftreten. Tipp: Messen Sie Ihren Blutzuckerspiegel bevor Sie alkoholische Getränke zu sich nehmen und öfter als sonst. Trinken Sie langsam und zusätzlich Wasser, um sich mit Flüssigkeit zu versorgen. Und: Wenn Sie Alkohol trinken, greifen Sie besser zu trockenen Weinen, Sekt oder Prosecco. Hier ist der Gehalt an Kohlenhydraten geringer als bei der süßen Variante.
Infekte wie Erkältungen oder Grippe können bei Menschen mit Diabetes den Stoffwechsel aus der Balance bringen. Schon ein banaler Schnupfen kann Auswirkungen auf den Blutzucker haben und ihn leicht ansteigen lassen. Der Grund: Wenn das körpereigene Immunsystem Krankheitserreger wie Bakterien oder Viren ortet, werden automatisch Stresshormone ausgeschüttet. Sie sorgen dafür, dass die Leber vermehrt Glukose abgibt – und in der Folge der Blutzuckerspiegel in die Höhe schnellt. Erbrechen oder Durchfall hingegen können Unterzucker verursachen. Tipp: Bei Infekten den Blutzucker alle drei Stunden kontrollieren.
Die Einnahme eines Antibiotikums in Kombination mit Diabetes-Medikamenten kann Wechselwirkungen auslösen – und zu einer Unterzuckerung führen. Cortison-Tabletten, blutdrucksenkende Entwässerungsmittel (Diuretika) und Betablocker sowie Schilddrüsenpräparate indessen können den Blutzuckerspiegel erhöhen. Tipp: Besprechen Sie mit Ihrem Arzt, ob Sie gegebenenfalls die Medikamentendosis oder die Diabetestherapie anpassen.